Abwicklung von Erbschaften in Deutschland und Österreich

21.06.2025 | Artikel als PDF herunterladen

Grenzüberschreitende Erbschaften in Deutschland und Österreich sind keine Seltenheit. Die Abwicklung einer deutsch-österreichischen Erbschaft ist dennoch häufig komplex. So haben Erben zwei Steuergesetze zu beachten. Zudem sind die Verfahren und Besonderheiten bei der Nachlassabwicklung in Österreich vielen deutschen Erben unbekannt. Der folgende Beitrag bietet einen Überblick über einige Fragen der Erbschaftsabwicklung in Österreich.

Anerkennung des deutschen Erben in Österreich

Sowohl in Deutschland als auch in Österreich gilt die EU-Erbrechtsverordnung. Wer Erbe geworden ist, bestimmt sich danach in der Regel gemäß dem Recht des Staates, in dem der Verstorbene zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte.

Praxistipp: Will der Erblasser sicherstellen, dass unabhängig von seinem Aufenthaltsort, die Rechte seiner Erben nach deutschem Erbrecht bestimmt werden, kann er in seinem Testament oder einem Erbvertrag eine Rechtswahl treffen.

Das anwendbare Erbrecht gilt für den gesamten Nachlass (Grundsatz der Nachlasseinheit), also auch für Immobilien im Ausland.

Beispiel: Ein Deutscher, der in Salzburg lebt, kann bestimmen, dass für seinen gesamten Nachlass, einschließlich in Österreich belegener Immobilien, deutsches Erbrecht gilt.

Mit der Rechtswahl entscheidet der Erblasser auch über wichtige Fragen der Nachlassabwicklung, zum Beispiel, ob der Nachlass automatisch auf die Erben übergehen soll (deutsche Universalsukzession) oder der Nachlass erst durch gerichtliche Entscheidung (österreichischer Antrittserwerb/Einantwortung) übergeht.

Praxistipp: Eine Rechtswahl zu Gunsten des deutschen Erbrechts kann sich anbieten, wenn die Erben in Deutschland ansässig sind. Ihnen wird dank der einheitlichen Anwendung deutschen Erbrechts die Nachlassabwicklung erleichtert.

Steuerliche Behandlung von Erbfällen in Deutschland und Österreich

Österreich erhebt keine Erbschaftssteuer. Für österreichische Immobilien im Nachlass kann allerdings Grunderwerbssteuer anfallen. Die Grunderwerbssteuer fällt für den Übergang der österreichischen Immobilie auf die Erben an. Die Grunderwerbssteuer richtet sich nach dem Verkehrswert des Grundstücks. Für die ersten 250.000 Euro beträgt sie 0,5%, zwischen 250.000 Euro und 400.000 Euro liegt sie bei 2% und darüber hinaus bei 3,5%.

Die gesamte Erbschaft ist in Deutschland zu versteuern, wenn der Erblasser oder der Erbe zum Zeitpunkt des Erbfalls in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig ist. Dies ist unter anderem der Fall, wenn der Erbe oder der Erblasser zum Erbfall ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben. Die deutsche Erbschaftssteuer bemisst sich dann grundsätzlich am gesamten Vermögen des Erblassers, unabhängig davon, wo es sich befindet. Ausnahmen können sich aus internationalen Abkommen ergeben. Zwischen Deutschland und Österreich besteht allerdings derzeit kein Abkommen für die Erbschaftsbesteuerung. Eine doppelte Besteuerung durch die österreichische Grunderwerbssteuer und die deutsche Erbschaftssteuer ist daher nur schwer zu vermeiden.

Praxistipp: Haben die Erben seit mehr als 5 Jahren ihren Wohnsitz außerhalb Deutschlands, kann es sich anbieten, dass der Erblasser frühzeitig vor dem Erbfall nach Österreich verzieht. Denn hat sich der Erblasser ebenfalls mehr als 5 Jahre ohne deutschen Wohnsitz in Österreich aufgehalten, fällt für die österreichische Immobilie keine deutsche Erbschaftssteuer an.

Auskunftsrechte der Erben in Österreich

Führen die Erben in Österreich ein Verlassenschaftsverfahren zur Feststellung ihrer Erbenstellung durch, kann das zuständige Abhandlungsgericht Auskünfte über Konten des Erblassers in Österreich bei Banken verlangen. Sobald die gerichtliche Übertragung des Erbes an die Erben (Einantwortung) erfolgt ist, können sich die Erben für Auskünfte auch direkt an die Bank in Österreich wenden. Das Bankgeheimnis steht der Auskunftspflicht gegenüber dem Gericht und den Erben nicht entgegen.

Auskunftsrechte gegen eine österreichische Privatstiftung

Begünstigte einer österreichischen Privatstiftung können Auskünfte der Stiftung über die Erfüllung des Stiftungszwecks sowie u.a. Einsichtnahme in den Jahresabschluss, den Prüfungsbericht und die Stiftungsurkunde verlangen. Auch Erben des Stifters steht ein Auskunftsrecht gegen die österreichische Privatstiftung zu.

Pflichtteilsberechtigte des Verstorbenen können einen Anspruch darauf haben, von Schenkungen des Erblassers an eine Stiftung zu erfahren, um diese anfechten zu können.

Das Verlassenschaftsverfahren in Österreich

Um rechtsverbindlich festzustellen, wer Erbe ist, wird in Österreich ein Verlassenschaftsverfahren durchgeführt.  Anders als bei Erbfällen in Deutschland wird in Österreich bei jedem Todesfall ein gerichtliches Verfahren über den Nachlass eingeleitet (Verlassenschaftsverfahren).

Das österreichische Verlassenschaftsverfahren beginnt damit, dass das Standesamt eine Sterbeurkunde an das zuständige Bezirksgericht des letzten Wohnsitzes des Verstorbenen übermittelt. Das Gericht überträgt den Fall anschließend einem Notar als Gerichtskommissär. Der Notar ermittelt unter anderem die Angehörigen. Personen, die nach den Ermittlungen des Notars über die Vermögenswerte des Erblassers Bescheid wissen könnten, werden zum Termin beim Notar geladen („Einladung zur Todesfallaufnahme“). Im Termin dokumentiert der Notar die persönlichen und vermögensrechtlichen Verhältnisse des Erblassers nach den Auskünften der Geladenen.

Am Ende des Verfahrens ergeht regelmäßig der Einantwortungsbeschluss des Gerichts. Darin wird verbindlich bestimmt, wer Erbe ist.  Der Einantwortungsbeschluss legt auch die Erbquoten fest. Erst mit dem Einantwortungsbeschluss geht das Erbe auf die Erben über. Bis dahin bleibt der Nachlass ein eigenständiges Vermögen, das von den Erben verwaltet wird.

Beachte: Um die Erbschaft erhalten zu können, müssen die Erben in Österreich eine Erbantrittserklärung abgeben.

Wann ist ein Verlassenschaftsverfahren in Österreich durchzuführen?

Ob ein Verlassenschaftsverfahren in Österreich oder die Testamentseröffnung bzw. ein Nachlassverfahren in Deutschland ausreicht, bestimmt sich im Regelfall nach dem letzten gewöhnlichen Aufenthaltsort des Erblassers.

Beispiel: Hatte der Erblasser seinen letzten Wohnsitz in Österreich, ist die österreichische Gerichtsbarkeit für seinen gesamten Nachlass zuständig und ein Verlassenschaftsverfahren durchzuführen. Dies gilt für bewegliches wie für unbewegliches Vermögen sowohl im In- als auch im Ausland.

Der Erblasser kann mit einer Gerichtsstandsklausel im Erbvertrag die deutschen Gerichte für zuständig erklären. Eine weitere Möglichkeit ist, dass die Erben im Verlassenschaftsverfahren beantragen, dass sich das österreichische Gericht für unzuständig erklärt, wenn der Erblasser deutsches Recht gewählt hat.

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