Nachlassabwicklung in Liechtenstein

12.06.2025 | Artikel als PDF herunterladen

Die Abwicklung eines Erbfalls mit Auslandsbezug ist komplex. Insbesondere wenn sich ein Teil des Nachlasses in Liechtenstein befindet, stehen Erben und Pflichtteilsberechtigte vor ungewohnten Herausforderungen. Denn um seine Ansprüche am Nachlass – notfalls auch gerichtlich – durchzusetzen, geht es darum, die notwendigen Informationen über den Nachlass in Liechtenstein einzuholen.

Auskunft verlangen

Um seine Rechte am Nachlass geltend zu machen, muss man wissen, wo sich welche Vermögenswerte befinden. Hier gilt es zu prüfen, ob und gegen wen Auskunftsansprüche bestehen. Auskunftsrechte können etwa gegen Banken entstehen, bei denen der Erblasser ein Konto hatte. Hat der Erblasser eine Stiftung für sein Vermögen gegründet, kann auch ein Auskunftsverlangen gegen eine liechtensteinische Stiftung in Betracht kommen. Ähnliches gilt beim liechtensteinischen Trust.

Auskunftsrecht des Erben gegen Banken in Liechtenstein

Die Erben übernehmen die Rechte und Pflichten des Erblassers. Damit bekommen sie auch die Rechte an dem liechtensteinischen Bankkonto des Erblassers. Gestützt auf den Kontovertrag mit der Bank können sie deshalb Auskunft zum Konto verlangen. Dies setzt jedoch voraus, dass sie nachweisen können, dass sie Erbe sind. Gängige Dokumente zum Nachweis der Erbenstellung ist das Testament mit dem Eröffnungsprotokoll oder ein Erbschein. Liechtensteinische Banken sind jedoch nicht verpflichtet, deutsche Nachweise wie einen deutschen Erbschein oder die Testamentseröffnung eines deutschen Gerichts ohne Weiteres zu akzeptieren. Denn deutsche Urkunden werden in Liechtenstein grundsätzlich nur mit Apostille anerkannt.  In Einzelfällen müssen Erben daher den Erbschein bei der zuständigen deutschen Behörde zuvor apostillieren lassen.

Was kann ich tun, wenn der Erbschein oder die Testamentseröffnung von der Bank nicht anerkannt wird?  

Will die liechtensteinische Bank trotz eines deutschen Erbscheins oder der Testamentseröffnung keine Auskunft über das Bankguthaben des Erben erteilen, können Erben in Liechtenstein das Verlassenschaftsverfahren betreiben. Hierzu müssen sie einen Antrag beim Landgericht in Vaduz stellen. Dort sind dann die Unterlagen, die die Erbenstellung beweisen, vorzulegen. Das Gericht stellt eine Einantwortungsurkunde aus, die liechtensteinische Banken akzeptieren.  Dies dürfte in aller Regel jedoch nicht nötig sein, da bereits das Verlassenschaftsgericht Auskunft von der Bank verlangen kann. Dafür reichen bereits konkrete Anhaltspunkte, dass der Erblasser mit der Bank in Verbindung stand. Hierfür genügt etwa, dass Sie die konkrete Kontonummer bei der Bank nennen oder etwaige Bankunterlagen vorlegen können. Allgemeine Anfragen (sog. „Fishing-Expedition“-Anfragen) ohne konkrete Hinweise auf ein Bankkonto sind dagegen nicht zulässig.

Reichweite des Auskunftsrechts gegen Banken in Liechtenstein

Vom Auskunftsrecht erfasst sind die meisten Finanzdaten wie etwa das Kontoguthaben sowie die vergangenen Transaktionen. Ausgenommen sind allerdings Informationen, die älter als 10 Jahre sind. Ältere Daten fallen nicht unter die gesetzlichen Aufbewahrungspflicht der Banken und sind folglich auch nicht bereitzustellen. Auch darf die Bank Informationen über höchstpersönliche Tatsachen – wie etwa private Notizen oder Schriftverkehr – zurückhalten. Zudem kann das liechtensteinische Bankgeheimnis[1] in einzelnen Fällen die Auskunftsansprüche der Erben beschneiden, wenn der Erblasser der Bank eine Schweigeverpflichtung auferlegt hat. Schließlich kann die Bank eine Auskunft verweigern, wenn Rechte Dritter betroffen sind. Dies ist vor allem dann von Bedeutung, wenn der Erblasser etwa eine Stiftung oder eine andere juristische Person (sog. Verbandsperson) eingerichtet und zum Kontoinhaber gemacht hat.

Auskunftsrecht der pflichtteilsberechtigten Erben gegen Stiftungen in Liechtenstein

Hat der Erblasser vor dem Erbfall eine Stiftung errichtet und dieser Vermögen übertragen, können Pflichtteilsberechtigten Zahlungsansprüche gegen die Stiftung zustehen. In Deutschland wie in Liechtenstein[2] haben Pflichtteilsberechtigte (etwa die Kinder des Erblassers) das Recht, eine Ergänzung ihres Pflichtteils zu verlangen. Die Ergänzung beläuft sich auf den Betrag, um den sich der Pflichtteil erhöhen würde, wenn es nicht zu der Zuwendung an die Stiftung gekommen wäre. Ob und in welcher Höhe es eine Zuwendung gab, ist dem Berechtigten jedoch häufig nicht bekannt. Das Auskunftsrecht über die Zuwendungen folgt hier dem Recht auf Ergänzung des Pflichtteils. In Liechtenstein erlischt diese Ansprüche, wenn zwischen der Zuwendung an die Stiftung und dem Tod des Erblassers mehr als zwei Jahre liegen.[3] Entsprechendes gilt für das Auskunftsrecht gegenüber dem Trustee, wenn der Erblasser einen liechtensteinischen Trust eingerichtet hat.

Auskunftsrecht der Begünstigten gegen die Stiftung in Liechtenstein

Ist die Stiftung weder freiwillig der Stiftungsaufsicht unterstellt und hat sie auch kein unabhängiges Kontrollorgan, stehen dem Begünstigten (sog. Destinatär) umfassende Informationsrechte zu. Der Begünstigte ist berechtigt, in die Stiftungsurkunde sowie die Stiftungszusatzurkunde (Beistatuten) Einsicht zu nehmen. Auch kann er Auskunft, Berichterstattung und Rechnungslegung von der Stiftung verlangen. Untersteht die Stiftung jedoch der Stiftungsaufsicht oder ist die Stiftung widerruflich ausgestaltet und der Stifter Letztbegünstigter, haben die Begünstigten keine Informationsrechte. Hat die Stiftung ein unabhängiges Kontrollorgan, sind die Informationsrechte der Begünstigten eingeschränkt. Sie erhalten jedoch einen jährlich erstellten Kontrollbericht des eingesetzten Kontrollorgans.

Weitere Informationsquellen in Liechtenstein

Besteht der Verdacht, dass der Erblasser eine Stiftung, Aktiengesellschaft, GmbH, Anstalt oder sonstige Verbandsperson errichtet hat, können das liechtensteinische Handelsregister und andere öffentliche Register unter Umständen wertvolle Informationen liefern. Zu beachten ist jedoch, dass insbesondere Stiftungen nicht zwingend im Handelsregister einzutragen sind. Um Auskunftsansprüche, Pflichtteilsansprüche oder Bezugsrechte in Liechtenstein durchzusetzen, sind daher Expertise im liechtensteinischen Recht sowie Kenntnisse über die Rechtspraxis vor Ort von besonderer Bedeutung.


[1] Art. 14 FL BankG.

[2] § 783 AGBGB.

[3] § 789 AGBG.

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