Staatsschuldenkrise: Steht die EU (Deutschland) vor einem Lastenausgleich?

10.02.2025 | Artikel als PDF herunterladen

Die Staatsverschuldung der EU-Staaten hat ein noch nie dagewesenes Ausmaß angenommen. Tendenz massiv ansteigend.

Nach den Maastricht-Kriterien ist den EU-Staaten eine maximale Verschuldung (Staatsdefizit) in Höhe von 60% des BIP (Bruttoinlandsprodukt) erlaubt. Die Ober­grenze von 60% bedeutet, dass drei Fünftel der Wirtschaftsleistung eines ganzen Jahres an die Gläubiger des Staates zu zahlen wären, um die gesamten Staats­schulden zu tilgen. Darüber hinaus gilt die Faustregel, dass ab einer Staatsschulden­quote in Höhe von 90% des BIP eine weitere Schuldenaufnahme nicht mehr funktioniert (Schuldentragfähigkeits-Ende).

Grundsätzlich hat der Staat primär seinen Schuldendienst aus Staatsgewinnen, Steuern, Abgaben, Gebühren und ähnlichen Einnahmen zu leisten. Daneben können auch Währungsreserven oder Neuverschuldung als sekundäre Quellen herangezogen werden.

Die durchschnittliche Staatsverschuldung der Mitgliedsstaaten der Eurozone beträgt derzeit (Ende 2024) 88% des BIP. Über der kritischen Schwelle von 90% liegen bereits folgende Staaten: Griechenland: 163%, Italien: 137%, Frankreich: 112%, Belgien: 108%, Portugal: 100%.

In Deutschland lag die Staatsverschuldung 2019 (also noch vor der Coronakrise und dem Ukrainekrieg) bei 70% des BIP. Zählt man die Bildung des „Sondervermögen Bundeswehr – 100 Milliarden“ und andere Unterstützungsprogramme hinzu, kann davon ausgegangen werden, dass auch Deutschland die 90% Schwelle erheblich überschritten hat.

Die Wertschöpfungsausfälle während der Pandemie- und Geopolitikkrise 2021 bis 2023 in Höhe von 550 Milliarden Euro sind dabei noch nicht berücksichtigt.

In der bereits kritischen Situation kommen nun auf die EU-Staaten eine Reihe schwerer Krisen zu (Finanzkrise in Folge von Militäraufrüstung, Infrastrukturkrise, Energiekrise, Flüchtlingskrise, Wirtschaftskrise pp.), von denen jede für sich bereits den Staatshaushalt der EU-Staaten sprengen würde.

Diesen enormen, außergewöhnlichen Finanzbedarf können die Nationalstaaten nicht mehr schultern – weder mit Einsparungen noch mit einer Neuverschuldung.

Um den Staatshaushalt zu sanieren, können Staaten in einer Staatsschulden­krise reagieren mit der Aufblähung der Geldmenge, Enteignungen, Vermögens­abgaben, Steuererhöhungen, Steuerzuschlägen und Ergänzungsabgaben.

Aufblähung der Geldmenge: Die EU-Staaten können zusätzliches Geld drucken mit der Folge, dass die Inflation steigt und es letztlich zu einer Euro-Krise kommen würde.

Derzeit ist man sich bei den EU-Institutionen einig, dass im Fall eines Euro-Crashs EU-weit ein Euro auf 16 Cent abgewertet wird, Schulden mit 60% bewertet werden und Immobilienbesitzer mit einer Vermögensabgabe in Höhe von 20 bis 25% des Wertes der Immobilie belastet werden, abgesichert durch eine Zwangshypothek.

Enteignungen: Nach den Verfassungen der EU-Staaten wären Enteignungen der Bürger möglich, nach dem geltenden Grundsatz, dass Eigentum und Vermögen verpflichten. In Deutschland hat das Bundesverfassungsgericht dies mehrfach in Entscheidungen bekräftigt. Der Schutz von Privatvermögen hat hinter existenziellen Belangen der Gemeinschaft zurückzutreten. Direkte Enteignungen dürften in Friedenszeiten politisch nicht durchsetzbar sein.

Vermögensabgaben: Vieles spricht dafür, dass es in großen Krisen zu gravierenden Vermögensumverteilungen durch Vermögensabgaben kommen wird.

Die obere, wohlhabendere Hälfte der Bürgerschicht, die in den letzten dreißig Jahren ihr Vermögen verdoppeln konnte, wird ihr gewonnenes Vermögen zumindest teilweise wieder an den Staat abgeben müssen in Form einer einmaligen Vermögensabgabe.

Die Vermögensabschöpfung kann erfolgen über Vermögensabgaben in Höhe von wahrscheinlich bis zu 50% des Wertes einzelner Vermögensteile über 200.000 Euro (die Wertschwelle könnte jederzeit herabgesetzt werden). Betroffen sind damit im Wesentlichen Eigentümer von Immobilien, Kunstwerken, Edelmetallen pp.

EU-einheitliche Vermögens- und Erbschaftssteuer: Zur Finanzierung der Staatsaufgaben können die EU-Staaten jederzeit neue Steuern oder Gebühren einführen oder bestehende erhöhen.

In Brüssel werden derzeit Pläne geschmiedet, eine EU-weite, einheitliche Vermögenssteuer einzuführen zur Finanzierung gemeinschaftlicher Aufgaben/ Krisen. Die gleichen Überlegungen gibt es bezüglich einer EU-einheitlichen Erbschafts­steuer.

Sowohl bei der Vermögens- als auch bei der Erbschaftssteuer sollen die Steuersätze dabei EU-weit im höheren zweistelligen Prozentbereich liegen und Freibeträge größtenteils entfallen.

Ob die EU-Staaten tatsächlich ihre Steuerhoheit zugunsten der EU aufgeben, ist fraglich. Was Deutschland anbetrifft, ist mit Sicherheit davon auszugehen, dass Deutschland auch im Alleingang eine Vermögenssteuer einführt und die Erbschaftssteuer massiv erhöht. Die Verfassungsmäßigkeit soll insoweit bereits geklärt sein.

Steuerzuschläge Ergänzungsabgaben: Am Beispiel des deutschen Solidaritätszuschlaggesetzes wird deutlich, was der Staat in außerordentlichen Krisensituationen veranlassen kann, um notwendige Einnahmen aus Steuerzuschlägen oder Ergänzungsabgaben zu generieren:

Zur Finanzierung des zweiten Golfkriegs und später zur Finanzierung der Deutschen Einheit wurde ein Zuschlag auf die Einkommenssteuer erhoben, wovon insbesondere die hohen Einkommen betroffen waren. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung war es zulässig, dass der Gesetzgeber Steuererhebungen lediglich auf Steuerpflichtige mit hohen Einkommen beschränkte, wenn dabei sozialen Gesichtspunkten Rechnung getragen wurde. Diese verkappte Reichensteuer wurde nicht als Verstoß gegen den Gleichheits- und Verhältnismäßigkeitsgrundsatz angesehen. Selbst eine Umwidmung des Steuerzuschlags und eine Verlängerung der Laufzeiten über Generationen wurden für zulässig erachtet.

Zur Bekämpfung großer Krisen würden Steuerzuschläge oder Ergänzungsabgaben kaum ausreichen.

Exkurs Vermögensumverteilung gemäß SGB XIV (Deutschland): Viel Unruhe ist durch eine falsche oder missverständliche Berichterstattung in deutschen Medien entstanden im Zusammenhang mit der Verabschiedung des Gesetzes zur Regelung des sozialen Entschädigungsrechts (Abkürzung SGB XIV).

Das SGB XIV regelt ausschließlich die Ansprüche von Personen, die durch bestimmte schädigende Ereignisse unmittelbar eine gesundheitliche Schädigung erlitten haben. Mit einer Änderung bzw. Umwidmung ist nicht zu rechnen.

Bei Leistungen zur Existenzsicherung haben Berechtigte nach SGB XIV grundsätz­lich vorrangig eigenes Einkommen und Vermögen einzusetzen – wie in allen Exitenz­sicherungssystemen. Zugrunde liegt folglich keine Enteignung im Sinne einer Vermögensumverteilung, sondern ein Sozialregress.

Auf der Rechtsgrundlage des SGB XIV kann es schon aus verfassungsrechtlichen Gründen zu keiner einseitigen Belastung und enteignungsähnlichen Maßnahmen kommen – gegen einzelne Gruppen (z.B. Immobilienbesitzer) zugunsten einer bestimmten Gruppe Geschädigter (z.B. Impfgeschädigte).

EU-Vermögensregister | Megadatenbank

Daten sind grundsätzlich die Voraussetzung und Grundlage jeder Art von Besteuerung, Erhebung von Abgaben und sozialverträglicher Vermögen­sumverteilung. In dem Zusammenhang sollte man sehr genau die derzeitigen Aktivitäten bei den EU-Behörden in Brüssel beobachten.

Die EU-Kommission und das EU-Parlament betreiben derzeit die Schaffung eines umfassenden EU-Vermögensregisters zur Erfassung, Verknüpfung und Bewertung des Gesamtvermögens jedes EU-Bürgers in einer nie dagewesenen Mega-Datenbank.

Vordergründig geht es dabei um Kriminalitäts– und Terrorismusbekämpfung. Die Megadatenbank eignet sich aber vorzüglich auch als Grundlage zur Erhebung von Steuern und Abgaben.

Über diese EU-Megadatenbank wird es möglich sein, per Knopfdruck sozial­verträgliche, maßgeschneiderte Vermögensabschöpfungen zu kreieren – schnell, umfassend und punktgenau.

Derzeit kann man nur erahnen, wie es im Ernstfall kommen wird. Die EU-Gremien halten sich sehr bedeckt.

Schutzmaßnahmen gegen Vermögensabschöpfungen

Unabhängig davon, wie künftig zusätzliche Staatseinnahmen generiert werden, bleiben EU-Bürgern kaum Möglichkeiten, dem Zugriff der EU oder der EU-Staaten auf ihr Vermögen durch enteignungsgleiche Vermögenseingriffe zu entkommen.

Das sich in Planung befindliche EU-Vermögensregister wird, nach derzeitigem Wissensstand, derart umfassend das Vermögen der Bürger erfassen, dass kaum legale Schlupflöcher bleiben. Mit martialischen, existenzvernichtenden Strafen und Sanktionen soll Verstößen gegen die Offenlegungs- und Meldepflichten vorge­beugt werden.

Obwohl das EU-Vermögensregister sich noch in Vorbereitung befindet, ist die dafür zuständige Überwachungsbehörde „AMLA“ eingerichtet und hat in Frankfurt a.M. ihre Arbeit bereits aufgenommen.

Grundsätzlich können – gegen enteignungsgleiche Eingriffe – folgende Schutzmaßnahmen relevant werden:

  • Vermögensumschichtung auf Finanzinstrumente wie Anleihen, Aktien oder Optionen
  • Verlagerung von Vermögen privater Personen auf juristische Personen
  • Vermögensverlagerung in Staaten außerhalb der EU
  • Wegzug natürlicher/juristischer Personen aus dem EU-Raum

Wer den EU-Raum nicht verlassen möchte, findet möglicherweise Schutz vor einer Offenlegung und Erfassung durch:

  • Einbindung US-amerikanischer Kapitalgesellschaften und angloamerika­nischen Trusts mit Vermögen im EU-Ausland
  • Familienstiftungen in Liechtenstein mit Vermögen im EU-Ausland

Abzuraten ist von Konstruktionen,

  • die lediglich einen zeitlichen Aufschub bewirken,
  • von Offshore Konten und Offshore Strukturen
  • und von Verlagerungen von Vermögen auf digitale Währungen.

Noch ist nichts entschieden, aber Tendenzen erkennbar.

Fazit

Die auf die EU-Staaten anflutenden großen Krisen werden einen riesigen Finanz­bedarf erfordern, der nur durch enteignungsgleiche Maßnahmen aufzubringen ist. Zentrale Instrumente und Grundlage zur Umsetzung der Vermögensabschöpfung sind das EU-Vermögensregister als Megavermögensdatenbank aller EU-Bürger und dessen Überwachungsbehörde AMLA.

Wer nicht bereit ist, große Teile seines Vermögens abzugeben, muss mit seinem Vermögen den EU-Raum verlassen. Immobilienvermögen müsste umgeschichtet werden.

Mit welchen legalen Schutzmaßnahmen die Offenlegungs- und Meldepflichten zu umgehen sind, ist derzeit lediglich in Tendenzen erkennbar.

Es gilt, die Entwicklung auf EU-Ebene sehr wachsam zu beobachten und zu bedenken, dass Regelungsstichtage auch rückwirkend festgelegt werden können.

Autor: Wolfram Voegele, Rechtsanwalt
Sie erreichen den Autor unter: voegele@treuhand-liechtenstein.li

Tags: , , , , ,

Kontakt & Beratung


LCG Treuhand AG

+423 37 11 212

E-Mail schreiben

Mandant werden