Stiftung in Liechtenstein – Vorteile und Nachteile: Rechtsvergleich D/FL
12.06.2025 | Artikel als PDF herunterladenLiechtenstein oder Deutschland? Vor dieser Frage stehen Unternehmer und vermögende Privatpersonen gleichermaßen, wenn sie sich Gedanken um den Schutz ihres Vermögens und die Planung ihrer Nachfolge machen. Was genau sind die Vor- und Nachteile der Liechtensteinischen Stiftung gegenüber ihrem deutschen Pendant?
Weniger bürokratische Hürden, mehr Diskretion
Das Liechtensteinische Recht erleichtert die Stiftungsgründung in mehrfacher Hinsicht. Während in Deutschland zur Entstehung der Stiftung auch deren behördliche Anerkennung erforderlich ist,[1] ist dies in Liechtenstein nicht der Fall.[2] Regelmäßig genügt bereits die Stiftungserklärung des Stifters. Lediglich im Nachhinein ist eine Gründungsanzeige beim liechtensteinischen Justizamt erforderlich. Privatnützige Stiftungen werden beim Handelsregister lediglich hinterlegt und nicht eingetragen. Dies bedeutet, dass für interne Zwecke zwar eine sog. „Amtsbestätigung“ ausgestellt wird, die zwar ähnlich wie ein Handelsregisterauszug aufgebaut ist. Doch über einen ebensolchen öffentlich einsehbaren Handelsregisterauszug verfügen privatnützige Familienstiftungen grundsätzlich nicht. Nur in einzelnen Fällen – etwa bei gemeinnützigen Stiftungen oder wenn sich eine privatnützige Stiftung freiwillig dazu entscheidet – ist die Eintragung in das Handelsregister erforderlich und besteht sodann eine unmittelbare Beaufsichtigung durch die staatliche Stiftungsaufsicht.[3] Da die behördliche Anerkennung der Stiftung in Liechtenstein keine Gründungsvoraussetzung ist, kann eine Stiftung in Liechtenstein bereits innerhalb von einigen Wochen geschaffen werden. In Deutschland hingegen ist der zukünftige Stifter auf das Bearbeitungstempo bei den Stiftungsbehörden angewiesen, die regelmäßig längere Zeit in Anspruch nehmen.
Geringeres und einheitliches Mindestkapitalerfordernis
Im Rahmen des deutschen Anerkennungsverfahrens prüfen die Behörden u.a., ob das Vermögen der Stiftung so groß ist, dass die Stiftung dauerhaft aus eigener Kraft den vorgegebenen Zweck erfüllen und ihre Verwaltungsausgaben bestreiten kann. In den meisten Bundesländern gibt es hierfür kein gesetzlich vorgeschriebenes Mindestvermögen.[4] In gängiger Verwaltungspraxis verlangen die Stiftungsbehörden ein Mindestkapital von 50.000€ bis 100.000€[5], wobei Abweichungen in Einzelfällen möglich sind. Ob eine Stiftung anerkannt wird, hängt damit nicht zuletzt von der Prognoseentscheidung der Behörde ab, ob die Stiftung dauerhaft ihren Zweck mit den Erträgen verfolgen kann. Diese Unsicherheit vermeidet das Liechtensteinische Recht, indem es ein einheitliches Mindestkapital von 30.000 Franken, Euro oder US-Dollar vorsieht.[6] Dem Stifter bleibt es gleichwohl unbenommen, weiteres Vermögen „nachzustiften“ und so den Kapitalstock der Stiftung zu erhöhen. Solche „Zustiftungen“ ändern nicht die Höhe des Mindestkapitals und es besteht für eine Stiftung liechtensteinischen Rechts keine Kapitalerhaltungspflicht deutscher Prägung. Damit geht einher, dass man die liechtensteinische Stiftung von Anfang an als sog. Verbrauchsstiftung ausgestalten kann. Die bedeutet, dass sich ihr Vermögen über die Jahre stetig verringern kann und sie somit nach einer gewissen Zeit aufzulösen sein wird.
Geringere Besteuerung der liechtensteinischen Stiftung
Die Liechtensteinische Familienstiftung wartet mit einigen steuerlichen Vorteilen auf.
Seit 2011 gibt es in Liechtenstein weder eine Erbschafts- noch eine Schenkungssteuer. Zu erbringen ist lediglich eine Gründungsabgabe von 0,2% des Gründungskapitals der Stiftung.[7] Die liechtensteinische Widmungssteuer (3,5% des gestifteten Vermögenswertes) fällt regelmäßig nicht an, wenn der Stifter außerhalb Liechtensteins ansässig ist.
Zu den steuerlichen Vorteilen gehört außerdem, dass die Stiftung die Erträge aus ihrem Vermögen nach liechtensteinischem Recht nur mit einem Steuersatz von 12,5% versteuern muss,[8] wo in Deutschland 15% Körperschaftssteuer zuzüglich Soli anfallen. Gerade bei großen Vermögen würde sich dieser vermeintlich kleine Unterschied deutlich bemerkbar machen. Doch selbst kleine und mittelgroße Stiftungsvermögen profitieren vom vorteilhaften liechtensteinischen Steuersystem.
Denn die laufende steuerliche Belastung der Stiftungserträge in Liechtenstein ist häufig gering, da ausländische Betriebsstättengewinne, Mieterträge aus ausländischen Grundstücken, Dividenden sowie Kapitalgewinne aus Beteiligungen im liechtensteinischen Recht steuerfrei gestellt sind.[9] Die Steuerlast lässt sich weiter über den sog. Eigenkapitalzinsabzug senken.[10] Dieser ermöglicht es, einen Zins (derzeit: 4%) auf das Eigenkapital der Stiftung als fiktive Betriebsausgabe abzuziehen.
Beispiel: Die Stiftung hat ein maßgebliches Eigenkapital von 8 Millionen CHF. Der Eigenkapitalzinsabzug würde derzeit 320.000 CHF betragen (= 4% von 8 Mio. CHF). Dieser Betrag kann von den steuerpflichtigen Erträgen der Stiftung abgezogen werden. Bei einem Steuersatz von 12,5% ergibt dies eine Steuerersparnis von 40.000 CHF.
Hinzu tritt ein Weiteres: Erfüllt die liechtensteinische Stiftung zusätzlich die Anforderungen für den steuerlichen Status als Privatvermögensstruktur (PVS), reduziert sich die jährliche Ertragssteuer automatisch auf den Mindestbetrag von 1.800 CHF, ohne dass dazu überhaupt eine Steuererklärung abgegeben werden muss.[11]
Ebenfalls wird das Vermögen einer Liechtensteinischen Familienstiftung dadurch geschont, dass anders als in Deutschland eine Erbersatzsteuer generell nicht anfällt. Die deutsche Erbersatzsteuer wurde eingeführt, da eine deutsche Stiftung „unsterblich“ ist. Mithin würde für das Vermögen einer deutschen Stiftung der statistische alle 30 Jahre eintretende Erbfall entfallen, wodurch dem deutschen Staat Erbschaftsteuern entgehen. Um diesem vermeintlichen Problem zu begegnen, erließ der deutsche Gesetzgeber im Wege der Erbersatzsteuer die Regelung, dass alle 30 Jahre ein steuerbarer Erbfall fingiert wird. Die deutsche Familienstiftung ist somit darauf angewiesen, Ausnahmeregelungen – etwa zu begünstigtem Betriebsvermögen oder Kulturgütern – zu nutzen, um die Erbersatzsteuer zu vermeiden bzw. möglichst gering zu halten. Dies erfordert nicht selten aufwendige Gestaltungen und das richtige Timing mit je eigenen „Fallstricken“. Vor dem Hintergrund des knappen, deutschen Staatshaushaltes ist zudem ungewiss, ob diese Ausnahmen in ihrer jetzigen Reichweite auch in Zukunft Bestand haben werden. Dass sich die steuerliche Situation in Liechtenstein wesentlich verschlechtert, ist angesichts solider Staatsfinanzen demgegenüber nicht absehbar. Zwar stiegen die Staatsausgaben des Fürstentums etwa im Jahr 2022 gegenüber dem Vorjahr um 1.3% (CHF 19.4 Mio.). Gleichzeitig legten die Staatseinnahmen jedoch um 4.5% (CHF 75.3 Mio.) zu.[12] Hinzu tritt, dass Liechtenstein faktisch über keine Staatsverschuldung verfügt,[13] sodass nicht davon auszugehen ist, dass auf das Fürstentum in den nächsten Jahren stark erhöhter Kapitalbedarf zukommen wird.
Mehr Gestaltungsspielraum
Gerade für die Nachfolgeplanung ist der Aspekt Flexibilität häufig von besonderer Bedeutung. Entscheidet sich der Stifter später dafür, dass er die Stiftungssatzung ändern will, muss er in Deutschland – wie schon bei der Stiftungsgründung – die Genehmigung der örtlichen Stiftungsbehörde einholen.[14] Denn ohne deren Zustimmung wird die Satzungsänderung nicht wirksam und selbst wenn die Stiftungsbehörde diese erteilt, handelt es sich oft um einen monate- oder gar jahrelangen Prozess. Das birgt für den Stifter die Herausforderung, die Satzung unter Berücksichtigung aller Eventualitäten und Unsicherheiten der Zukunft verbindlich ausgestalten zu müssen. Demgegenüber ermöglicht das liechtensteinische Stiftungsrecht dem Stifter, sich eine spätere Änderung der Stiftung oder sogar deren Widerruf vorzubehalten.[15] Allerdings sollte berücksichtigt werden, dass hiermit Vorteile in Sachen Vermögensschutz und der Besteuerung in Deutschland verloren gehen können. Dies ist insbesondere der Fall, wenn für den deutschen Fiskus auf Grund der Vorbehalte der Eindruck entsteht, dass sich der Stifter nicht ausreichend von der Vermögensmasse der Stiftung löst.[16] Um dies zu vermeiden, kann der Stifter zum Beispiel nur dem Stiftungsrat oder einem anderen Stiftungsorgan die Änderungsrechte einräumen. Eine behördliche Zustimmung zu den Änderungen ist in Liechtenstein nur in bestimmten Fällen – insbesondere bei einer gemeinnützigen Stiftung – erforderlich.[17] Bei einer privatnützigen Stiftung (zB einer Familienstiftung) kann der Stifter selbst entscheiden, ob er diese unter staatliche Stiftungsaufsicht stellen möchte und damit auch die Hürden für eine Satzungsänderung hochfährt.[18]
Verstärkter Vermögensschutz
Ob in Liechtenstein oder in Deutschland – die Errichtung einer Stiftung ist immer dann interessant, wenn es um die Begrenzung von Haftungsrisiken und den Schutz von Vermögen geht. Die Stiftung hat weder Eigentümer noch Gesellschafter. Sie ist als abgetrennte Vermögensmasse also grundsätzlich vor dem Zugriff von Gläubigern des Stifters geschützt. Freilich kennt dieser Grundsatz diverse Ausnahmen. Deshalb ist es umso wichtiger den Schutzschirm „Stiftung“ so engmaschig wie möglich aufzuspannen. Auch um zu verhindern, dass das Vermögen durch Erbschaften, Scheidungen oder Insolvenzen in Mitleidenschaft gezogen wird. Hier profitiert die liechtensteinische Stiftung davon, dass ausländische Urteile in Liechtenstein nur mit viel Aufwand vollstreckt werden können. Zudem sind Schenkungen an die Stiftung – etwa über deutlich verkürzte Anfechtungsfristen – besser geschützt als in Deutschland. Über eine Ermessensstiftung können auch die Begünstigten einer Stiftung von dem hohen Schutzniveau profitieren.
Was gilt es zu beachten? – Nachteile einer Stiftung in Liechtenstein
Obgleich eine liechtensteinische Stiftung gegenüber der deutschen Variante bei richtiger Ausgestaltung zahlreiche Vorteile bietet, sollte die Stiftungsgründung im Ausland gut überlegt sein. Um die Vorzüge einer liechtensteinischen Stiftung nutzen zu können, muss sich der Stifter damit anfreunden, dass ein Teil seines Vermögens im Ausland gebunden ist. Ebenso gibt es keine Garantie, dass die Rahmenbedingungen des Stiftungsrechts in Liechtenstein unverändert fortbestehen, wenngleich das Fürstentum für seine politische Stabilität und rechtliche Kontinuität bekannt ist. Schließlich muss der Stifter seine Zugriffsrechte auf die Stiftung so weit zurückfahren, dass ein Durchgriff durch Gläubiger und steuerliche Fallstricke tatsächlich ausgeschlossen werden (Stichwort: „intransparente Stiftung“). Zusätzlicher finanzieller Aufwand kann bei der Vermögensübertragung auf die liechtensteinische Stiftung durch die Wegzugsbesteuerung entstehen. Gleichwohl kann der Stifter unter Umständen von Verschonungsregeln etwa für begünstigtes Betriebsvermögen Gebrauch machen oder den Übergang über eine Personengesellschaft gestalten, um die Steuerlast weitestgehend oder gänzlich auszuschließen. Ebenfalls zu empfehlen ist es, sich über die laufenden Kosten bei einer auswärtigen Stiftungsgründung und -verwaltung in Liechtenstein einen Überblick zu verschaffen.
[1] § 80 Abs. 2 S. 1 BGB.
[2] Vgl. § 14 zu Art. 552 PGR.
[3] § 14 Abs. 3 zu Art. 552 PGR sowie § 29 zu Art. 552 PGR.
[4] Ausnahmen bilden insoweit die Länder Hamburg und Baden-Württemberg, in denen ein Mindestvermögen von 50.000€ nachzuweisen ist.
[5] MüKoBGB/Weitemeyer, 10. Aufl. 2025, BGB § 82 Rn. 32, beck-online.
[6] § 13 Abs. 1 zu Art. 552 PGR.
[7] Art. 66 Abs. 3 SteG.
[8] Art. 61 SteG.
[9] Vgl. Art. 48 SteG.
[10] Vgl. Art. 54 SteG.
[11] Vgl. Art. 64 Abs. 8 SteG.
[12] https://www.statistikportal.li/de/themen/staat-und-politik/oeffentliche-finanzen#:~:text=Gesunde%20%C3%B6ffentliche%20Finanzen&text=Die%20konsolidierten%20Staatsausgaben%202022%20stiegen,auf%2021.4%25%20im%20Jahr%202022 (Zugriff am 29.04.2025).
[13] https://www.wko.at/statistik/laenderprofile/lp-liechtenstein.pdf
[14] § 85 Abs. 1 S. 2 BGB; in Berlin etwa: § 5 Abs. 3 Nr. 2 StiftG Bln.
[15] Vgl. § 30 zu Art. 552 PGR.
[16] Entscheidend ist hier die Abgrenzung zwischen einer eigenständigen Vermögensmasse (sog. Intransparente Stiftung) und einer transparenten Stiftung. In der Praxis wird diese häufig über die Widerruflichkeit vorgenommen. Handelt es sich um eine widerrufliche Stiftung und kann demzufolge der Stifter die Vermögenswerte wieder an sich nehmen oder auch die Regeln der Stiftung nach seinen Vorstellungen ändern, liegt i. d. R. eine transparente Stiftung vor. In diesem Fall würde das Vermögen weiter dem Stifter zugerechnet
(vgl. insoweit zum mit entsprechenden Ausführungen zum Trust: Brandis/Heuermann/Vogt, 174. EL November 2024, AStG § 15 Rn. 33, beck-online).
[17] Vgl. insoweit § 33 zu Art. 552 PGR.
[18] § 29 Abs. 1 S. 2 zu Art. 552 PGR.